#BringThemBack

Kempten, den 16. Juni 2023

#BringThemBack – Familie Ovbiagele zurückholen!

Am 16. Mai 2023 fanden erneut EU-weit koordinierte Abschiebungen nach Nigeria statt. So wurden auch 40 Personen, darunter fünf Kinder, aus Deutschland abgeschoben. Unter den Minderjährigen befanden sich auch die 17-jährige Victoria Ovbiagele, ihr Zwillingsbruder Victor sowie ihre beiden Geschwister Miracle (14) und Godsent (11).

Victoria lag zum Zeitpunkt der Abschiebung bereits ein unterschriebener Ausbildungsvertrag an der Schauspielschule Zerboni in München vor. Um sich ihren lang ersehnten Ausbildungstraum zu erfüllen, fehlte ihr nur noch der unmittelbar bevorstehende Mittelschulabschluss. Ihr Bruder Victor, der ein Berufsvorbereitungsjahr absolvierte, hatte ebenfalls einen Ausbildungsplatz in Aussicht.

Selbst im Wissen ihrer stets unsicheren Bleibeperspektive, bewiesen Victor und Victoria im Verlauf der vergangenen neun Jahre, welche sie in Kempten lebten, unermüdlichen Ehrgeiz sowie vielfältiges Engagement, ihren persönlichen Beitrag zu unserer Gesellschaft zu leisten. Wie ihre beiden jüngeren Geschwister, Miracle und Godsent, waren auch sie in Deutschland bestens integriert, verfügten über ein breites soziales Netzwerk und können Deutschkenntnisse auf Muttersprachniveau vorweisen. Nicht zuletzt erfüllten sie die Voraussetzungen für ein Aufenthaltsrecht für gut integrierte Jugendliche (§ 25a AufenthG).

»Seit der siebten Klasse habe ich mich in der Schule besonders angestrengt. Ich dachte, dass ich mit einem guten Schulabschluss bessere Zukunftschancen haben würde. Nun wurde ich inmitten meiner Abschlussprüfungen aus meinem Leben gerissen.« – Victoria Ovbiagele

Victoria hatte die Zentrale Ausländerbehörde Schwaben in der Vergangenheit wiederholt um Zeit gebeten, um ihrer Mitwirkungspflicht zur Erteilung eines Aufenthaltstitels nachzukommen. Um ihre Mutter, die unter der ständigen Angst einer Abschiebung litt, zu unterstützen, unternahm Victoria förmlich alles, um sich und ihrer Familie die für den Verbleib in Deutschland notwendigen Ausweisdokumente zu beschaffen. Die Ausländerbehörde entschied sich jedoch, die Abschiebung der Familie mit allen Mitteln durchzusetzen.

Die erfolgte Abschiebung stellt die Familie vor eklatante Herausforderungen und setzt diese wissentlich lebensbedrohlichen Situationen aus. Inzwischen sind mehr als drei Wochen vergangen. Die Kinder, die schonungslos ihrer Identität, ihrer Rechte und ihrer Zukunft beraubt wurden, sehen sich gezwungen, unter prekärsten Verhältnissen in einer Gesellschaft zu leben, die ihnen gänzlich fremd ist. Die viel zu kleine Wohnung können sie aufgrund der ständigen Angst, auf der Straße entführt zu werden oder anderweitig Gewalt zu erfahren, kaum verlassen.

»Meine Geschwister weinen oft heimlich. Ich weiß aber nicht, wie ich sie trösten soll. Wie kann ich andere glücklich machen und zum Lachen bringen, wenn ich selbst unglücklich bin?« – Victoria Ovbiagele

Im Zuge der gewaltvollen Abschiebung wurden die Kinder spät nachts wie Schwerstverbrecher:innen in Handschellen abgeführt und schwer traumatisiert. Ungeachtet grundlegender Vorgaben der von Deutschland ratifizierten UN-Kinderrechtskonvention, die das Kindeswohl an erster Stelle sehen, schrecken die deutschen Behörden bis heute nicht von ihrem brutalen und unverantwortlichem Vorgehen zurück.

Vor diesem Hintergrund sowie in Solidarität mit allen von Abschiebung betroffenen Menschen fordern wir die zuständigen Behörden sowie politischen Verantwortlichen auf, die umgehende Rückkehr der Familie Ovbiagele nach Deutschland zu veranlassen und all ihren Mitgliedern ein dauerhaftes Bleiberecht zuzusprechen. Um unserer Forderung Ausdruck zu verleihen, findet am Montag, dem 19. Juni um 14:30 Uhr unter dem Titel »#BringThemBack – Familie Ovbiagele zurückholen!« eine Demonstration am Hildegardplatz in Kempten statt.

Wir rufen alle solidarischen Organisationen, Initiativen und Netzwerke auf, unsere Erklärung zu unterschreiben. Bitte schreibt uns hierzu eine kurze E-Mail an: bringthemback(at)riseup(dot)net.

Unterzeichner:innen
Abschiebehaftkontaktgruppe Dresden
AG Asylsuchende SOE e.V.
agis Darmstadt
AK49
Aktion Bleiberecht Freiburg
Bayerischer Flüchtlingsrat e.V.
Bon Courage e.V.
borderline-europe – Menschenrechte ohne Grenzen e.V.
Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V.
Bündnis »Abschiebegefängnis verhindern – in Düsseldorf und überall«
Bürger*innen-Asyl Köln
Café United Frankfurt am Main
Community for all Darmstadt
Die Urbane. Eine HipHop Partei
exilio – Hilfe für Migranten, Flüchtlinge und Folterüberlebende e.V.
Flüchtlinge für Flüchtlinge e.V.
Flüchtlingshelferkreis Schwarzenberg
Flüchtlingsrat Brandenburg e.V.
Flüchtlingsrat Mainz
Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.
Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V.
Frauenkreise Berlin
frauen- und menschenrechte-aktiv
Gegen_Gewalt
Helferkreis Asyl Olching
Helferkreis Asyl Penzberg
Helferkreis Asyl Wertingen
Initiative »Abschiebezentrum BER verhindern!«
Initiative »Bring Back Our Neighbours«
Jugendliche ohne Grenzen e.V.
Karawane der Menschlichkeit
Kein Mensch ist illegal Hanau
Kein Mensch ist illegal Köln
Kempten gegen Rechts
Netzwerk Reproduktive Gerechtigkeit
Netzwerk Soli-Asyl Würzburg
No Border Assembly
No Lager Osnabrück
Polylux e.V. – solidarisches Netzwerk für den anderen Osten
Refugee Law Clinic Berlin e.V.
Refugee Law Clinic Leipzig e.V.
Seebrücke Dachau e.V.
Seebrücke Kempten
Seebrücke Wuppertal
Seebrücke Würzburg
Soli-Asyl Marburg
Space2groW Berlin
Sprungbrett Zukunft Berlin e.V.
Unternehmer-Initiative Bayern – Bleiberecht durch Arbeit
We’ll Come United
Welle gGmbH – Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Hanau
Würzburg Solidarisch e.V.
Zentrum für Traumapädagogik Hanau